Spendenaktion
Lebenslauf einer Dampflokomotive
1923 verließ die Lok mit der Fabriknummer 10501 die Werkshallen von Orenstein & Koppel in Potsdam. Ihr inzwischen über einhundertjähriges Leben führte sie nach Oberschlesien, Sachsen-Anhalt, in die Prignitz und später auf die Insel Rügen. Einige Details ihrer Reise stellen wir Ihnen hier vor.
1923 - 1928: Rosenberger Kreisbahn
Bei Orenstein & Koppel (O&K) im heutigen Potsdam-Babelsberg verlässt die Lokomotive mit der Fabriknummer 10501 die Werkshallen. Ihr erster Einsatzort ist die Rosenberger Kreisbahn in Oberschlesien. Dort verkehrt sie ab Dezember 1923 als Lok Nr. 4, bis sie 1928 an die Kleinbahn des Kreises Jerichow I (KJ I) verkauft wird.
1928 - 1961: Kleinbahnen des Kreises Jerichow I
Als Lok Nr. 15 findet Sie im Fahrzeugpark des Burger Schmalspurnetzes ihre neue Heimat. Nach einer Instandsetzung ist sie hier ab 1930 im Einsatz und wird auch mit einer Druckluftbremse ausgerüstet. Am 1. Januar 1949 übernimmt die Deutsche Reichsbahn die Betriebsführung und die Lok erhält ihre heutige Nummer 994644. 1961 wird die Lok bei der KJ I mit einem irreparablen Kesselschaden vorerst abgestellt.
1961 - 1967: Generalreparatur und Einsatz in der Prignitz
1963 wird die Lok im Reichsbahn-Ausbesserungswerk (RAW) Görlitz im Rahmen einer Generalreparatur mit Großteilerneuerung umfassend modernisiert und erhält ein neues Führerhaus, neue Wasser- und Kohlekästen und natürlich auch einen neuen Kessel. Ab Januar 1964 steht sie noch bis zur Betriebseinstellung im Oktober 1965 im Dienst der KJ I und gelangt anschließend nach Perleberg in die Prignitz. Von November 1965 bis zum Frühjahr 1967 ist die Lok hauptsächlich auf der Strecke Glöwen - Havelberg anzutreffen.
1967 - 1977: Ausmusterung auf Rügen
Als die ersten Streckenabschnitte des Prignitzer Schmalspurnetzes stillgelegt werden, wird die Lok entbehrlich und im April 1967 nach Rügen abgegeben. Nachdem sie dort wegen der schlechten Gleislage mehrfach entgleist, wird sie nach nur zehn Einsätzen im Dezember 1968 abgestellt und ein Jahr später endgültig ausgemustert. Sie wird jedoch nicht verschrottet, sondern 1977 an das Bw Neustrelitz abgegeben.
1977 - 1994: Die Lok als Denkmal
Über 15 Jahre lang fristet die Lokomtive zusammen mit einigen Wagen auf einem Denkmalgleis am Bahnbetriebswerk Neustrelitz unter freiem Himmel ihr Dasein. Die Fahrzeuge werden aber in dieser Zeit durch den örtlichen Modellbahnclub gepflegt. Mit den wenigen damals vorhandenen Mitteln bemüht man sich um die Erhaltung der Substanz. So werden aus der Not heraus die Wasserkästen und das Führerhaus grün gestrichen.
1993 - 1994: Die Lok wird zum Politikum
Nachdem sich 1993 der Pollo-Verein gegründet hat, möchte dieser die Lok zurück in die Prignitz holen und stellt im Juli 1993 einen Kaufantrag bei der Reichsbahndirektion Schwerin. Doch kurz vor Weihnachten dann der Schock: Die Lok soll vom damaligen Bahnchef Heinz Dürr an die Stadt Radevormwald verschenkt werden, um dort wiederum als Denkmal an ein Zugunglück von 1971 zu erinnern. Dafür hatte sich Edmund Biekowski, damals CDU-Fraktionschef in Radevormwald, stark gemacht.
Nach einem großen Medienrummel rückt die Stadt Radevormwald von ihrem Vorhaben wieder ab. Die noch junge Deutsche Bahn bietet unserem Verein die Lok zum Kauf an, obwohl sie nach Radevormwald verschenkt worden wäre.
25. Mai 1994: Zurück in die Prignitz
Im April 1994 kommt endlich ein Kaufvertrag mit der Deutschen Bahn zustande. Für 8.000 DM übernimmt unser Verein die Dampflokomotive mitsamt allen Wagen. Am 25. Mai 1994 wird die Lok nach Lindenberg überführt und dort auf einem kurzen Stück Gleis am ehemaligen Bahnhof aufgestellt.
1994 - 2015: Ausstellungsstück
Während die Lok mit einigen Wagen noch immer auf dem Gleis in Lindenberg steht, bauen die Vereinsmitglieder mit vielen Unterstützern einen neun Kilometer langen Abschnitt des ehemaligen Netzes wieder auf. Um Geld für eine langfriste Erhaltung der Lok zu sammeln, startet der Verein die Spendenaktion "Bei 994644 muss sich was bewegen". Als erste Erhaltungsmaßnahme wird die Lok im Mai 2008 nach Mesendorf überführt und dort im Lokschuppen witterungsgeschützt abgestellt. Seitdem werden an der Lok immer wieder kleine Instandhaltungen durchgeführt, um sie zu Veranstaltungen in einem ansprechenden Zustand präsentieren zu können.
2015 - heute: Die Aufarbeitung beginnt
Im Jahr 2015 beginnt die Demontage und Aufarbeitung der ersten Großteile, wesentlich finanziert durch die bis dahin eingegangenen Spenden von über 15.000 €. Auf Beschluss der Mitgliederversammlung strebt der Verein seit 2024 eine betriebsfähige Aufarbeitung der Lokomotive an und bittet daher weiterhin um Ihre Spende, damit 994644 eines Tages wieder Züge durch die Prignitzer Landschaft ziehen kann.
Wichtige technische Daten
- Baujahr, Hersteller
- 1923, Orenstein & Koppel
- Fabriknummer:
- 10501
- Bauart, Gattung
- D n2t, K 44.7
- indizierte Leistung
- 200 PS
- Heizfläche
- 48 m²
- Länge über Puffer
- 7770 mm
- Dienstgewicht
- 22,6 t
- Steuerung
- Bauart Heusinger mit Flachschieber
- Achsstand
- 1.000 mm
- Vorräte
- 4 m³ Wasser
1,1 t Kohle
Letzte Änderung: 18.03.2025 14:22 Uhr